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Kooperation statt Kirchturm-Denken

29. August 2018
Kooperation statt kirchturmdenken
Im Gespräch mit Prof. Dr. Barbara Welzel, TU Dortmund, und Prof. Dr. Helmut Hachul, FH Dortmund, über das Dortmunder Zentrum Studienstart (DZS), das 2015 ins Leben gerufen wurde.

Im Mai 2015 ist das Dortmunder Zentrum Studienstart (DZS) an den Start gegangen. Was haben die Partner TU Dortmund, FH Dortmund und RuhrFutur bisher erreicht? Wie wird es weitergehen? Im Gespräch ziehen Prof. Dr. Barbara Welzel, Prorektorin Diversitätsmanagement an der TU Dortmund, und Prof. Dr. Helmut Hachul, Prorektor für Studium und Lehre an der FH Dortmund, eine Zwischenbilanz.

Wenn Sie auf Ihre eigene Studienzeit zurückblicken: Waren Mathekompetenzen wichtig für Ihr Studium und – wenn ja – wie gut konnten Sie die Anforderungen bewältigen?

Welzel: Ich bin Kunsthistorikerin, und Kunstgeschichte ist eines der wenigen Fächer, in denen man keine Mathematik braucht. Aber auch in meinem Fach habe ich die Erfahrung gemacht, dass ein Training in Mathe, also ein Training in Strukturen und Logik, auf indirekte Weise für das Studium hilft.

Hachul: Ich habe an der RWTH Aachen Architektur studiert. Mathematik spielte eine Rolle in Kernfächern wie Tragwerkslehre und Bauphysik. Ich bin dann Assistent in der Tragwerkslehre geworden – mit unmittelbarer Anbindung an Mathematik. Die Professoren haben es verstanden zu vermitteln, dass Mathematik ein Werkzeug für das Fach ist. Der Anwendungsbezug war ein wichtiger Schlüssel.

Welche Rolle spielt Mathematik an Ihrer Hochschule?

Welzel: An der TU Dortmund spielt Mathematik bei 91 Prozent der Studierenden in einem Fachstudiengang eine Rolle und bei 66 Prozent der Lehramtsstudierenden. Im Durchschnitt werden 86 Prozent der Studierenden mit Mathematik konfrontiert – auch wenn man das in Fächern wie Erziehungswissenschaft oder Grundschullehramt oft zunächst nicht erwartet. Für sie kann das ein Flaschenhals im Studium sein.

Hachul: Mathematik steckt – abgesehen vom Studiengang Design – an der FH Dortmund in fast allen Fächern. Das reicht von der Architektur bis zur Ökonomie und natürlich ist Mathematik Bestandteil der Ingenieurfächer. Wir sehen es ebenfalls als ein Problem bei der Studienwahl, dass man Mathematik in einigen Fächern nicht erwartet. Schon im Rahmen des Wettbewerbs „Qualität der Lehre“ haben wir uns mit der Frage beschäftigt, welches das kritische Fach ist. Bei uns ist es in den MINT-Fächern die Mathematik.

Genau da setzt das Dortmunder Zentrum Studienstart an mit seinen Angeboten an. Wie ist die Idee dazu entstanden?

Hachul: Es war das gemeinsame Erkennen, dass der Studienerfolg sehr durch Defizite in der Mathematik behindert werden kann und behindert wird. Wir haben unabhängig voneinander die Erfahrung gemacht, dass Mathematik dafür verantwortlich ist, dass viele Studierende bei einem guten Grundgerüst Extrarunden drehen oder aufgeben im Übergang Schule/Hochschule. Wir haben festgestellt, dass erforderliche Kompetenzen nicht da sind und dass wir in der klassischen Weise, wie unsere Fächer konzipiert sind, darauf nicht vorbereitet sind.

Neben dem Handlungsfeld Mathematik spielt im DZS auch die Beratung eine große Rolle.

Welzel: Die Beratung ist schon in der Studienvorphase ein ganz wichtiger Aspekt. Schülerinnen und Schüler, die sich informieren wollen, können vieles gar nicht unterscheiden: Sowohl an der TU als auch an der FH Dortmund gibt es Studiengänge wie Architektur oder Maschinenbau. Was ist da der Unterschied? Was passt besser zum persönlichen Profil? Indem wir gemeinsam beraten und nicht in Konkurrenz zueinander, können wir Orientierung geben. Dass wir dabei als Fachhochschule und Universität so eng zusammenarbeiten, ist etwas Besonderes. Angesichts des stark gestiegenen Anteils junger Menschen, die an Hochschulen gehen – inzwischen 50 Prozent eines Jahrgangs, nicht der Abiturienten – müssen sich Hochschulen anders verhalten und anders kommunizieren.

Hachul: Transparenz ist wichtig – auch in der Kommunikation mit den Schulen. Es nützt nichts, wenn die Schulen sagen „Wir gehen nur bis hierhin!“ und wenn die Hochschulen sagen „Wir weisen nur auf unsere Erfordernisse hin – und Mathematik ist eines davon“. Diesen Prozess brechen wir auf, indem wir in einen Dialog mit den Schulen gehen.

Inwiefern war die Bildungsinitiative RuhrFutur hilfreich bei der Umsetzung des DZS?

Welzel: Durch unseren Zusammenschluss bei RuhrFutur haben wir uns ganz bewusst gemeinsam auf den Weg gemacht, um den Übergang Schule/Hochschule zu gestalten – ein Zeitpunkt, an dem Schülerinnen und Schüler entscheiden müssen, ob sie studieren wollen, was sie studieren wollen, in welcher Form von Institution sie studieren wollen. Das Dortmunder Zentrum Studienstart ist eine gute Plattform, um das als gemeinsames Anliegen auszuflaggen und zu betreiben. In der Geschäftsstelle von RuhrFutur kommen wir am runden Tisch zusammen, um miteinander nachzudenken. RuhrFutur ist ein Inkubator für solche Prozesse. Zudem haben wir von RuhrFutur ergänzende Ressourcen bekommen, die uns Energie für den Start gegeben haben. Das Anfahren am Berg braucht Extra-Energie. Wir nutzen diese zusätzlichen Ressourcen, um neue Kommunikationskanäle herzustellen, um ein erstes Mal die Powerpoint-Präsentation oder das Material für eine Maßnahme zu erarbeiten etc.

Hachul: RuhrFutur ist Projektpartner, Klammer und Katalysator. Es geht auch um den Anspruch auf der Meta-Ebene, die Ruhr-Region voranzutreiben. Es geht um die Gesamtheit der Studierenden und um das Lernen voneinander. Es ist ein wichtiger Nebeneffekt der Zusammenarbeit unterschiedlicher Hochschultypen, dass wir mehr von der Bildungslandschaft verstehen.

Mit welchen Zielen ist das DZS im Mai 2015 an den Start gegangen?

Welzel: Die großen Überschriften, mit denen wir unterwegs sind, sind Studienerfolg sichern und Bildungsgerechtigkeit. Die Erfahrung zeigt, wie notwendig es dafür ist, dass die Schülerinnen und Schüler in der Studienvorphase, wie es aus unserer Sicht heißt, ausreichend Informationen und Beratung bekommen. Der Studienbeginn markiert dann die Schwelle. Wir wissen aus vielen Studien, dass die soziale Seite, als Studierender anzukommen, ein ganz großer Faktor für den Studienerfolg ist. Im ersten Studienjahr geht es darum, wirklich in diesen Strukturen anzukommen. Das Wichtige und Programmatische beim Dortmunder Zentrum Studienstart ist es, diese drei Phasen zusammenzunehmen.

Dieses Interview ist in der Ausgabe 1/2018 unseres Magazins „FUTUR:“ erschienen, S. 8–10.

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