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Die digitale Realität ins Klassenzimmer holen

11. März 2022
Kinder und Lehrerin an Computern
"Wir möchten hier das Bestmögliche aus allen kooperierenden Organisationen zusammentragen, um Synergien zu schaffen und die Schulen in ihrem Digitalisierungsprozess zu unterstützen." (Severin Teschner, QUA-LiS NRW)
Wo suchen Schüler*innen Hilfe, wenn sie Hausaufgaben nicht verstehen? In Erklärvideos auf YouTube! Wie Schule mit dieser Realität umgehen kann, welche Chancen und Herausforderungen Digitalisierung birgt, war Thema des Fachtags „Digital in die Zukunft“ am 9. März 2022 im Rahmen des Programms „Klasse!Digital“.

„Schule muss auf den Start-Screen der Smartphones Jugendlicher“, appelliert Roger Spindler, Referent am Zukunftsinstitut in Frankfurt a.M., an die per Video zugeschalteten rund 170 Fachkräfte aus Schule und Bildungswesen. In seinem Impulsvortrag beschreibt der Experte für Bildung und Digitalisierung, wie die „Generation Zoomers“ tickt und wie rasant sich die Rolle von Lehrkräften permanent verändert. Sein Fazit: Schule befindet sich durch den „Game Changer“ Corona auf einer Gratwanderung beim digitalen Tun – mit den Optionen, umzudrehen und sich auszuruhen oder die Krise als Ausgangspunkt zu nehmen.

Der Fachtag macht deutlich, welchen Weg RuhrFutur und seine Partner – das NRW-Ministerium für Schule und Bildung, die Wübben Stiftung und QUA-LiS NRW – empfehlen: Mit gebündelten Kompetenzen unterstützen sie Schulen bei der Digitalisierung. „Digitalität eröffnet neue Lernwelten“, sagt Stephanie Bräunig vom Schulministerium. Und Dr. Farina Nagel von RuhrFutur ergänzt: Um nachhaltig Veränderungen zu bewirken, bedürfe es neben der digitalen Infrastruktur insbesondere der Fortbildung von Lehrkräften.

In diesem Sinne vermittelt der Fachtag viel praktisches Wissen für den Schulalltag. In zwei Runden mit je acht Workshops geben Referent*innen aus der Praxis Impulse und Tipps für den Einsatz digitaler Hilfsmittel im Unterricht. „Abgucken ist ausdrücklich erlaubt!“, ermuntert die Moderatorin Britt Lorenzen.

 

Entdeckendes Lernen fördern

Welche digitalen Tools eignen sich für den Unterricht? Wie lassen sich Digitalität und Kompetenzorientierung verbinden? In ihren Workshops gewähren die Referent*innen Einblicke in ihre Arbeit, stellen Apps, Programme und Plattformen vor und berichten von positiven wie negativen Erfahrungen. „Nicht immer heißt, etwas digital zu machen, auch, es gut zu machen“, gesteht Lehrer Sebastian Schmidt in seinem Workshop zum Mathematikunterricht. „Meine ersten Erklärvideos waren zu schnell.“ Auf einer Reise durch seine Unterrichtsstunden erklärt er, wie sich mit digitalen Mitteln das entdeckende Lernen fördern und das Verständnis vertiefen lässt.

Im Deutsch- oder Fremdsprachenunterricht kann „Digital Storytelling“ klassische Lern- und Lehrmethoden ergänzen. Studiendirektor Dirk Baumann aus Lörrach zeigt, wie er mit seinen Schüler*innen eine klassische Lektüre (Lessings „Emilia Galotti“) auf moderne Plattformen wie Twitter oder Instagram bringt. Dabei entstehen neue, kreative Formen des Geschichtenerzählens, die den literarischen Inhalt mit der Lebenswelt der Jugendlichen verbinden.

 

Die Motivation steigern

Auch Geschichte lässt sich mit digitalen Tools zeitgemäß vermitteln. Lehrer Timo Berghoff nutzt dafür unter anderem das webbasierte Werkzeug „Thinglink“. Damit ist es möglich, interaktive Bilder zu erstellen, die durch eingesetzte „Tags“ mit Arbeitsaufträgen, Zusatzinformationen und Materialien versehen werden können. „Ein mit Thinglink erstelltes Bild eignet sich zum Beispiel für einen motivierenden Einstieg“, beschreibt Timo Berghoff den didaktischen Nutzen.

Die Freude am Lernen können Lehrkräfte auch durch den Einsatz von Bildsprache auf Lehrmaterialien fördern. Vasiliki Mitropoulou, Illustratorin und Grafik-Designerin, führt vor, wie aus wenigen Strichen ohne zeichnerische Vorkenntnisse sogenannte Sketchnotes entstehen: Symbole wie Bücher, Sprechblasen oder Menschen. „Einfach alles Unnötige weglassen“, rät die Referentin. Die Teilnehmenden zeichnen live mit und freuen sich über rasche Erfolge.

 

Produzieren statt reproduzieren

Digitale Technik gestaltet den Schulalltag nicht nur lebendiger und interaktiver, sie erleichtert auch das Überprüfen von Leistungen. Sebastian Nüsse stellt in seinem Workshop neben anderen Tools die Plattform „Bettermarks“ vor. Er empfiehlt sie anstelle von Kurztests, da die Auswertung direkt zeigt, an welchen Stellen es noch hakt. „Wir sollten aber nicht nur auf das reproduzierte Inhaltswissen schauen, sondern auch auf das Prozesswissen“, appelliert der Trainer für Unterrichtsentwicklung und Digitalisierung. Digitale Medien böten alternative Formen der Leistungserbringung, die den Erwerb der „21st Century Skills“ fördern: Kommunikation, Kreativität, Kollaboration und Kritisches Denken.

Diese vielzitierten „4K“ trainieren die Schüler*innen der Aachener Lehrerin Adriane Langela-Bickenbach regelmäßig im GLAS-Projekt: In Kooperation mit einer niederländischen Partnerschule ermöglicht es reale Kommunikation zwischen Lernenden über Landesgrenzen hinweg. Sie sprechen per Videokonferenz miteinander und arbeiten kollaborativ zusammen. Auch externe Expert*innen können eingebunden werden. „Unterricht öffnen, indem man die Realität reinholt“, nennt die engagierte Lehrerin das. „Es geht nicht darum, Prozesse digital zu gestalten, sondern zu erkennen, dass unsere Welt digital geworden ist.“ Sie möchte jungen Menschen digitale Medien nahebringen als Mittel, um unseren Planeten als Lebensraum zu retten. Nachhaltiger kann digitale Bildung wohl kaum sein!

(Autorin: Martina Biederbeck – silbenfisch Text & Konzept)

KONTAKT:

Leonie Bautz
Referentin Administration
0201–177878-284
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